Der Grazer Kunstverein ist eine international anerkannte Institution für zeitgenössische Kunst. Seit seiner Gründung im Jahr 1986 hat er sich innerhalb Österreichs eine unverwechselbare Stimme erarbeitet und steht gleichzeitig in einem aktiven Dialog mit internationalen künstlerischen und kuratorischen Praktiken. Als Ort der künstlerischen Produktion, Ausstellungsgestaltung und Vermittlung konzipiert, arbeitet der Kunstverein mit Künstler*innen aus aller Welt zusammen, um spannende künstlerische Praktiken zu fördern und zu unterstützen und dem Publikum gleichzeitig einen nachhaltigen Zugang zu den Prozessen und Kontexten der zeitgenössischen Kunst zu ermöglichen.
Der derzeitige künstlerische Leiter des Grazer Kunstvereins, Tom Engels, wird Ende Dezember 2025 sein Amt niederlegen, um die Position als Direktor des Kunstvereins München zu übernehmen. Der Grazer Kunstverein sucht nun eine neue künstlerische Leitung (Vollzeit, 40 Stunden), die/der das Amt am 1. Januar 2026 antritt. Der/die erfolgreiche Kandidat/in wird für die künstlerische, kuratorische und administrative Leitung der Institution verantwortlich sein und die Weiterentwicklung der besonderen Rolle des Grazer Kunstvereins als Ort des Experimentierens, des Dialogs und der Präsentation zeitgenössischer Kunst sicherstellen.
Aufgaben und Verantwortlichkeiten
—Festlegung und Umsetzung der künstlerischen Vision und des mehrjährigen Programms (einschließlich der Saison zum 40-jährigen Jubiläum der Institution im Jahr 2026)
—Beauftragung, Kuratierung und Produktion von Ausstellungen, Publikationen und öffentlichen Programmen
—Aufbau von Partnerschaften und einem starken Netzwerk aus Künstler*innen, Gemeinschaften, Förderungen und Partnerinstitutionen
—Leitung und Betreuung des kuratorischen Teams; Förderung einer fairen, kooperativen Kultur
—Übernahme der endgültigen Verantwortung für das Teammanagement, die Budgets, das Fundraising und die Berichterstattung in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung
—Förderung der Publikumsbindung, des Zugangs und von digitaler Initiativen
—Weiterentwicklung und Ausbau des Mitgliederprogramms als Eckpfeiler des gesellschaftlichen Engagements
—Vertretung der Institution auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene
Profil
—Master-Abschluss in Kunstgeschichte oder einem verwandten Fachgebiet
—Fundierte Kenntnisse der internationalen zeitgenössischen Kunst und neuer Praktiken; starkes berufliches Netzwerk
—Nachgewiesene Teamführungs- und Budgetverantwortung; Erfolgsbilanz im Bereich Fundraising/Drittmittelbeschaffung
—Ausgezeichnete Kommunikations- und Vermittlungsfähigkeiten
—Engagement für die Zusammenarbeit in Graz und der Region
—Kenntnisse in digitaler Strategie und Content-Produktion
—Bereitschaft zum Umzug nach Graz
—Deutschkenntnisse sind von Vorteil; Lernbereitschaft wird erwartet
Der Grazer Kunstverein begrüßt Bewerbungen aller qualifizierten Kandidat*innen und setzt sich für Vielfalt und Chancengleichheit in allen Formen ein. Bitte reichen Sie eine PDF-Datei ein, die Folgendes enthält: einen Lebenslauf (max. 2 Seiten) und ein Motivationsschreiben (max. 2 Seiten). Senden Sie Ihre Bewerbung bis zum 1. Oktober 2025 per E-Mail an Dr. Tanja Gurke unter tg@grazerkunstverein.org mit dem Betreff: Bewerbung – Künstlerische Leitung – [Ihr Name]. Die Vorstellungsgespräche finden im November 2025 statt.
Weitere Informationen folgen in Kürze.
In Paul arbeitet Tom Burr mit Pier Paolo Pasolinis unverwirklichtem Film über das Leben des Apostels Paulus – ein 1966 verfasstes Drehbuch, das den Apostel nicht in Gewändern und Wüstensand, sondern im Trenchcoat und auf den Straßen der Stadt neu interpretiert, wie er durch die harten Geometrien von Paris, Rom, Genf und New York schreitet. Pasolinis Paulus ist ein Mann, der durch das Licht, die Offenbarung und die unerträgliche Last, zu viel und zu klar zu sehen, zerrissen wird. Burr greift diese Figur auf – nicht als Heiligen, sondern als Bruchlinie zwischen Unruhe und Sehnsucht, als Sehen, das sich gegen sich selbst wendet. Er deutet die berüchtigte Erblindung des Paulus auf dem Weg nach Damaskus um: nicht als göttliche Offenbarung, sondern als gewaltsames Losreißen – von Gewissheit, von staatlich sanktioniertem Glauben, von den geraden Linien der Macht. In Anlehnung an den unvollendeten Zustand des Films begreift Paul die Unvollständigkeit als schöpferische Methode, um überlieferte Fragmente und ungelöste Ideen in Bewegung zu setzen. Die Ausstellung bewohnt das Unvollendete: eine Form, die andere Formen einübt und in nachfolgende Iterationen, Anordnungen und Kontexte übertragen wird. Während der Entstehungsphase wird Burr gemeinsam mit dem Kurator der Ausstellung, Tom Engels, eine Publikation entwickeln, die die Ausstellung über ihre derzeitige Form hinaus erweitert und ihre nächsten Leben vorbereitet – weitere Mutationen von Paul, die sich mit jeder neuen Inszenierung verwandeln werden. In diesem Entfalten wird Paul zu einem zerbrochenen Spiegel, einem anhaltenden Ungehorsam, in dem das Niedergeschlagenwerden zugleich ein Neubeginn ist.
TOM BURR (geb. 1963, New Haven) ist ein Künstler, dessen Œuvre Skulptur, Collage, Fotografie und Schreiben umfasst. Ausgehend von den Formensprachen des Minimalismus und der Konzeptkunst und im Dialog mit den politischen Anliegen feministischer Kunst und Institutionskritik, verwebt Burr autobiografische Bezüge – insbesondere in Bezug auf Queerness und öffentlichen Raum – in seine Installationen. Seine Arbeit untersucht fortwährend, wie Körper sich durch Räume, Begehren und Kontrolle bewegen, und legt die Spannung zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit als persönliche wie politische Bedingung offen.
Er zeigte Einzelausstellungen in Institutionen wie dem FRAC Champagne-Ardenne (Reims), dem Kunstmuseum Basel – Gegenwart, dem Musée cantonal des Beaux-Arts (Lausanne), dem SCAD Museum of Art (Savannah), der Secession (Wien), dem Wadsworth Atheneum Museum of Art (Hartford) und dem Whitney Museum of American Art (New York), und anderen. Burrs Arbeiten wurden zudem in bedeutenden internationalen Gruppenausstellungen präsentiert, darunter die Skulptur Projekte Münster (Deutschland), die Istanbul-Biennale und die Whitney-Biennale (New York).
Seine Werke befinden sich in wichtigen öffentlichen Sammlungen weltweit, darunter das mumok (Wien), die Hamburger Kunsthalle (Hamburg), das Whitney Museum of American Art (New York City), das Ludwig Museum (Köln), das Hammer Museum (Los Angeles), das Baltimore Museum of Art und die New York Public Library.
Seine Texte wurden in mehreren Publikationen veröffentlicht, darunter die Monografien Tom Burr, Extrospective: Works 1994–2006 und Anthology: Writings, 1991–2015, beide herausgegeben von Florence Derieux. Eine jüngst erschienene Publikation über das Torrington Project – Burrs Umwidmung einer Fabrik aus dem 19. Jahrhundert in Torrington, Connecticut, in einen Installations-, Studio- und Ausstellungsraum von 2021 bis 2024 – wurde im August 2025 bei Primary Information (New York) veröffentlicht.
Burr lebt und arbeitet in New York und Connecticut.
Eine Kooperation mit dem steirischen herbst ’25
Manchmal liegt ein Fieber in der Wahrnehmung – eine Hitze, die sich aufbaut, wenn ein Bild zu lange verweilt, wenn ein Klang sich unter die Sprache schleicht. Nichts ist hier stabil, nur Fragmente: halbe Erinnerungen, sanfte Gewalt, stille Ekstasen. Bilder stottern, flackern, weichen zurück. Sehen führt nicht zu Klarheit, sondern zu einer Art Offenlegung. Fieber ist schließlich keine Krankheit, sondern eine Reaktion – eine regulierte Verschiebung des inneren Sollwerts des Körpers, eine Entscheidung von innen heraus, die Hitze zu erhöhen. Im Fieber intensivieren sich die körpereigenen Systeme, sie arbeiten, um zu verteidigen und zu heilen, aber auch um zu öffnen und zu reinigen – zugleich nach innen und außen gewandt.
Fieber ist die Rebellion des Körpers, ein Beharren auf seiner eigenen Handlungsfähigkeit. Es signalisiert nicht nur ein Eindringen oder eine Verletzung, sondern die Weigerung des Körpers, neutral zu bleiben – kühl und gefasst zu bleiben. In der erhöhten Temperatur des Fiebers schärfen sich die Sinne. Farben leuchten heller, Klänge dringen tiefer ein. Die Peripherie wird dringend, jede Empfindung zu einem kleinen Feuer. In der Hitze erblicken wir nicht nur das, was uns bedroht, sondern auch das, was uns belebt – was uns am lebendigsten fühlen lässt.
Und all das, während wir darauf warten, dass es abklingt. Der Fiebertraum summt weiter, durchdrungen vom Halbdunkel unbeständiger Offenbarungen. Hier gibt es keinen Stillstand, nur ein rastloses Entfalten, das seltsame Zerbersten von Schwellen, die sich in endloser Abfolge auflösen und neu bilden. Im fiebrigen Zustand scheint die Luft zu zittern, jeder Atemzug ein Aufflackern von etwas kaum Benennbarem. Das Fieber endet nicht wirklich, es zieht sich vielmehr zurück und hinterlässt eine Landschaft aus Umrissen – Kanten, die leuchten, sich kräuseln und nicht verblassen wollen. Im morgendlichen Rückstand des Fiebers rückt die Welt näher, lebendiger in ihren Brüchen und ihrem Fluss.
Fevers ist eine Ausstellung von James Richards mit aktuellen und neu in Auftrag gegebenen Arbeiten in Ton und Bild. Sie wurde von Tom Engels kuratiert und wird von einer Publikation des Grazer Kunstvereins begleitet, die noch in diesem Jahr erscheinen wird.
Die Ausstellung wird vom ifa-Institut für Auslandsbeziehungen unterstützt.
JAMES RICHARDS (geb. 1983, Cardiff) lebt und arbeitet in Berlin. Zu seinen jüngsten Einzelausstellungen zählen Our Friends in the Audience im Kunstnernes Hus, Oslo (2024); Workers in Song (mit Billy Bultheel) im WIELS, Brüssel; MUDAM, Luxemburg; Batalha Centro de Cinema, Porto; und KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2023–24); Internal Litter in der Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin (2022); When We Were Monsters im Haus Mödrath – Räume für Kunst, Kerpen (2021); Alms for the Birds im Castello di Rivoli, Turin (2020); SPEED 2 (mit Leslie Thornton) in der Malmö Konsthall (2019); und SPEED (mit Leslie Thornton) im Künstlerhaus Stuttgart (2018).
Richards hat auch an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen, darunter Focus: Recent Videos from the Museion Collection im Museion, Bozen (2025); Crumbling the Antiseptic Beauty in der Fondation Pernod Ricard, Paris (2024); Prologue to the 15th Baltic Triennial: Remain in Zero im Litauischen Nationaltheater/Contemporary Art Centre, Vilnius (2023); signals… storms and patterns bei Para Site, Hongkong (2023); Full Burn: Video from the Hammer Contemporary Collection im Hammer Museum, Los Angeles (2023); Penumbra in der Fondazione In Between Art Film, Venedig (2022); und Ghost 2565: Live Without Dead Time in Bangkok (2022).
Kürzlich hat Richards Film- und Performance-Programme kuratiert, darunter A Map of the Pit (mit Alvin Li) in der Tate Modern, London (2025), und Novel Pleasure (mit Fatima Hellberg) im Bonner Kunstverein, Bonn (2024). Ein kontinuierlicher Dialog mit Tolia Astakhishvili hat zur Präsentation ihrer gemeinsamen Arbeiten in mehreren Ausstellungsprojekten von Astakhishvili geführt, darunter to love and devour in der Nicoletta Fiorucci Foundation, Venedig (2025); Between Father and Mother im SculptureCenter, New York (2024); und The First Finger im Bonner Kunstverein, Bonn, sowie im Haus am Waldsee, Berlin (2023–24).
Im Jahr 2024 wurde Richards mit dem Preis der Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, Berlin, ausgezeichnet. Er vertrat Wales auf der 57. Biennale von Venedig im Jahr 2017 und wurde 2014 für den Turner Prize nominiert. Richards kehrt nach seiner Teilnahme an der Ars Viva 2014/15-Preisausstellung erneut in den Grazer Kunstverein zurück.
Anlässlich des Abschlusses von 2019 entfaltet sich Fiction Fiction als eine gespenstische Erwartung – aus dem Takt geraten und doch von Vorhergehendem durchdrungen. Ein Foto einer Barrikade, der Klang einer Aura, ultranass. Eine poetische Gegenüberstellung, ein Zusammenfluss von Tänzen, Bewegungen, Beinahe-Gedanken und Gesten, entnommen aus BRUNO (2021) und Death by Landscape (2024), zwei früheren Arbeiten von Alix Eynaudi, gemeinsam aufgeführt mit Hugo Le Brigand.
Hier ist Choreografie ein Akt der Rekonfiguration – ein wiederbelebter Abdruck, eine zarte Verhandlung der Präsenz. Bewegungen treiben durch eine Gegenwart, die mit Erinnerung durchzogen ist, in der vergangene Gesten nicht einfach wiederholt, sondern ungleichmäßig verändert, neu zusammengesetzt und überdacht werden. Worte drängen unter die Haut des Tanzes, eine endlose Neuinterpretation, ein poröser Austausch zwischen dem, was war, und dem, was bleibt – zwischen Fiktion und Fiktion.
Die Aufführung wird von Raimundas Malašauskas anlässlich der Buchveröffentlichung von Suzon: Selected Writings by Raimundas Malašauskas eingeführt, in dem Alix Eynaudi vorkommt. Das Buch ist hier erhältlich.
Konzept: Alix Eynaudi
Tanz und Choreographie: Hugo Le Brigand & Alix Eynaudi
Kostüme: An Breugelmans
Musik: turf + surf aka Han-Gyeol Lie & Paul Kotal
Dauer: 60 Minuten
ALIX EYNAUDI tanzt, arbeitet und schreibt zwischen Handwerk und Chaos und heißt dabei ein (meist) freudiges Durcheinander willkommen. Sie arbeitet nie allein; jedes Ereignis, jede Recherche oder Einladung ist ein Alibi um Zeit mit Kompliz*innen zu verbringen – ein Geflecht aus Freundschaften, das unter der Haut schimmert, ein Aufwirbeln wundersamer Unterstützung. Sie spezialisiert sich auf choreografische Hanging-Out Sessions. Ihre jüngsten Arbeiten umfassen Death by Landscape, a concert (2024), Institute of Rest(s) (2023) und BRUNO (2021). Ihre Arbeiten wurden präsentiert bei: MACRO, Rom; Tanzquartier, Wien; Kaaitheater, Brüssel; far° festival, Nyon; Xing, Bologna; Biennale di Venezia, Venedig; Contemporary Art Centre, Vilnius; brut, Wien; Volkskundemuseum, Wien; Wiener Festwochen, Wien. Sie lebt in Wien.
HUGO LE BRIGAND taucht in den Tanz als Medium für kreative Begegnungen und vielseitige Kollaborationen ein. Er hat mit einer Vielzahl von Künstler*innen gearbeitet, darunter Doris Uhlich, Alix Eynaudi, Sebastiano Sing, Daniela Georgieva, Ulduz Ahmadzadeh und Ari Benjamin Meyers. Er lebt in Wien.
Light ist eine Retrospektive von Elena Narbutaitės Auseinandersetzung mit Lasern und LEDs und präsentiert Arbeiten von 2013 bis heute.
Laser und LED sind zwei unterschiedliche Formen von Licht, jede mit ihrem eigenen Rhythmus und ihrer eigenen Resonanz. Der Strahl eines Lasers ist eine geschärfte Linie, seine Wellen sind perfekt in Phase – eine Kohärenz, die ihm die Kraft verleiht, zu schneiden, zu messen und zu führen. Die LED hingegen ist ein sich entfaltendes Leuchten, ihre Photonen sind nicht synchron, ihre Wellenlängen vermischen sich zu einem Spektrum, das sich verändert und streut. Das eine bringt fokussierte Präzision mit sich, das andere ein diffuses Farbspiel. Beide sind vertraut aus Situationen, die so unterschiedlich sind wie der pulsierende Takt einer Party, die tödliche Zielerfassung im Krieg, der Strahl, der eine elektronische Tür offenhält, oder die lautlose Übertragung von Daten. Narbutaitė löst diese allgegenwärtigen Assoziationen auf und verwandelt die kühle Genauigkeit industrieller Laser sowie die sanft wechselnden Farbtöne von LEDs in etwas Ungebundenes.
Mit akribischer Genauigkeit erschafft Narbutaitė Intimität und Unruhe und inszeniert Momente, in denen Licht zum Ereignis wird – am sichtbarsten, wenn es auf eine Oberfläche trifft, sich somit als Schnitt im Raum materialisiert oder ihn mit tiefer Emotion auflädt. Die Strahlen beleuchten nicht nur; sie verändern ihre Gestalt, schneiden mit einer Intensität durch die Luft, die ebenso beunruhigt wie sie fasziniert, wobei sich ihre Sichtbarkeit nach der Helligkeit des Tages richtet.
Diese Arbeiten nutzen Spannung – zwischen einem Glühen, das erfreut und verletzt, beruhigt und einlädt. Licht ist in Narbutaitės Augen eine chirurgische und zugleich verführerische Kraft, deren Kanten in ihrer Anziehungskraft bedrohlich sind. Es ist flüchtig und doch absolut, eine Spur, die ebenso schnell verschwindet, wie sie erscheint, sich auflösend in dem Raum, den sie nur für einen Moment bewohnt. Ihre Werke bewegen sich nicht nur durch den Raum; sie drücken sich in ihn hinein wie ein anhaltender Widerhall, ein Abdruck von etwas Gefühltem und Vergänglichem. Sie schaffen eine Choreografie der Wahrnehmung und laden dazu ein, in eine Architektur einzutreten, die aus nichts als Licht besteht.
Light ist eine Meditation über die eigenen Widersprüche des Lichts – wie es blendet und führt, trennt und verbindet. Wahrnehmen bedeutet gleichzeitig sehen und nicht sehen – von Klarheit geblendet zu werden, sich in der scharfen Kante der Erleuchtung zu verlieren. Es überwältigt, während es enthüllt – ein Paradoxon aus Sichtbarkeit und Unklarheit. Indem Narbutaitė das Licht beugt, verleiht sie genau solchen Gefühlen eine Struktur.
ELENA NARBUTAITĖ (geb. 1984) lebt und arbeitet in Vilnius. Sie hat an internationalen Ausstellungen teilgenommen, darunter am gemeinsamen litauisch-zyprischen Pavillon auf der 55. Biennale von Venedig (2013) und an der Liverpool Biennale (2016). Zu ihren jüngsten Ausstellungen gehören 2019, Grazer Kunstverein, Graz (2024); 15th Baltic Triennial: Same Day, Contemporary Art Centre, Vilnius (2024); Unknown Familiars, Leopold Museum, Wien (2024); Mars Returns, Mykolas-Žilinskas-Galerie, Kaunas (2022); Nashashibi/Skaer: Thinking Through Other Artists, Tate St Ives (2018); Rehearsal, Tai Kwun Contemporary, Hongkong (2018); und Dools, Carré d’Art Nîmes (2018). Sie ist Mitherausgeberin von BILL, einer jährlich erscheinenden Zeitschrift für fotografische Erzählungen, die von Julie Peeters initiiert wurde.
2019 war ein transformatives und turbulentes Jahr für Ariana Reines. Nach sieben Jahren intensiver Arbeit gipfelte ihr ambitioniertes Schreibprojekt in der Veröffentlichung von A Sand Book, einem 400-seitigen poetischen Epos, das in einer Theophanie mit der Sonne endet. Wie eine wütende Demeter oder eine Persephone in Verleugnung gab Reines ihre Wohnung in Queens auf, um ihre Mutter von der Straße zu retten, während sie ihr unfertiges Manuskript in einer Art glorifizierter Obdachlosigkeit um die Welt schleppte – etwas, das die zeitgenössische Kunstwelt wohl höflicher als „eine geschäftige Karriere“ bezeichnen würde. Sie sprach mit Fremden und vor Fernsehpublikum, sammelte dabei unabsichtlich eine bunte Schar von Liebhabern, schrieb sich an der Harvard Divinity School ein und lebte ganz allgemein – um Frank O’Hara zu zitieren – „so vielfältig wie möglich“ auf die vielen Weisen, für die sie bekannt ist: Sie verbindet kosmische und private Dimensionen auf die öffentlichste und berührendste Art, lehrt, analysiert antike Texte, liest die Sterne, tritt im Fernsehen auf und erfindet in Echtzeit neu, was eine Dichterin sein kann.
In ihrer Poesie und in öffentlichen Auftritten strebt Reines danach, mit Intelligenz und Spontaneität zu kommunizieren, indem sie ihre Worte direkt aus dem Herzen schöpft. Oder, um es mit ihren eigenen Worten zu sagen: „Unsere Herzen waren die Bomben, deren Bedrohung nie nachließ.“Für 2019: an endurance wird Ariana Reines in die tiefgreifenden Erfahrungen eintauchen, die ihr transformatives Jahr 2019 geprägt haben, und erkunden, wohin diese Strömungen sie seither getragen haben. Die Veranstaltung verspricht eine freie Improvisation zu werden, die die Einsichten tiefer Meditation mit einer direkten Begegnung mit dem Publikum verbindet.
ARIANA REINES ist eine Dichterin, Dramatikerin und Performancekünstlerin aus Salem, Massachusetts, die in New York lebt. Zu ihren Büchern gehören The Rose (erscheint 2025), Wave of Blood, A Sand Book – Gewinner des Kingsley Tufts Awards 2020 und auf der Longlist des National Book Award – sowie Mercury, Coeur de Lion und The Cow, das 2006 den Alberta Prize von Fence gewann. Ihr mit einem Obie prämiertes Theaterstück Telephone wurde vom Foundry Theatre in Auftrag gegeben und hatte 2009 eine ausverkaufte Aufführungsreihe im Cherry Lane Theatre.
Reines hat Performances für das Solomon R. Guggenheim Museum, das Swiss Institute, Stuart Shave/Modern Art, Le Mouvement Biel/Bienne, das Whitney Museum of American Art und Performance Space New York entwickelt. Sie hat Poesie an der UC Berkeley (als Holloway Poet), der Columbia University, der NYU und am Scripps College (als Mary Routt Chair) unterrichtet und war Gastkritikerin an der Yale School of Art sowie bei Gemeinschaftsorganisationen wie dem Poetry Project und Poets House.Ihre Gedichte und Prosatexte wurden unter anderem in The New Yorker, Poetry, Artforum, Frieze und Harper’s veröffentlicht. Im Jahr 2020 gründete Reines während ihres Studiums an der Harvard Divinity School Invisible College, einen Online-Raum, der dem Studium von Poesie, heiligen Texten und den Künsten gewidmet ist.
Suzon — sowohl ein Nachdruck von Raimundas Malašauskas’ vergriffenem Buch Paper Exhibitions aus dem Jahr 2012 als auch eine neue Sammlung von Texten des Autors, die seither entstanden sind — bietet einen Einblick in Malašauskas‘ Weltanschauung, die auf kollektiver Improvisation, Zusammenkunft und kontinuierlichem Wandel basiert. Das Buch enthält Essays, Ausstellungsguides, persönliche Briefe, Liedtexte, eine Eröffnungsrede und ein Cocktailrezept, die einen Blick auf das werfen, was wir vielleicht in ein paar Jahren als L’esprit du temps betrachten werden.
Die Publikation Suzon ist auf der Rückseite der überarbeiteten Ausgabe von Paper Exhibition gedruckt, die ursprünglich 2012 von Sternberg Press, Kunstverein Publishing, Sandberg Institute und den Baltic Notebooks of Anthony Blunt (Baltish Arts Magazine) veröffentlicht wurde.
Herausgeber:innen: Tom Engels, Yana Foqué & Krist Gruijthuijsen
Design: Goda Budvytytė
Lektorat: Stuart Bertolotti-Bailey
Druckerei: Graphius, Gent
Verlage: KW Institute for Contemporary Art (Berlin), Grazer Kunstverein (Graz), Kunstverein Publishing (Amsterdam), Baltish Arts Magazine (Vilnius) und Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König (Köln).
ISBN: 978-3-7533-0767-1
€ 22,00
Über RAIMUNDAS MALAŠAUSKAS:
Als Raimundas Malašauskas in Vilnius, der damaligen Hauptstadt der Sowjetrepublik Litauen, aufwuchs, wollte er ursprünglich Koch auf einem transozeanischen Schiff werden, entschied sich jedoch, Kunstgeschichte und -theorie an der Kunstakademie Vilnius zu studieren. Besonders fasziniert war er von der Epoche des Manierismus im sechzehnten Jahrhundert, schrieb jedoch schließlich eine Studie zur Kunstkritik der 1970er und 1980er Jahre.
Nach einer Tätigkeit als Kurator am Contemporary Art Centre in Vilnius von 1995 bis 2006 arbeitet er seither nomadisch, getrieben von dem, was er als „intellektuelle Wanderlust“ bezeichnet. Er verbrachte längere Zeiträume in Städten wie Bangkok, Kairo, Brüssel, Delhi, Hongkong, Mexiko-Stadt, Paris und San Francisco, um nur einige zu nennen. Das Schreiben war während dieser Reisen ein ständiger Begleiter — ein Mittel sowohl zur Kuratierung von Ausstellungen als auch zum Erleben des täglichen Lebens.
2019 ist eine Erkundung eines Jahres, das an der Schwelle zum Wandel steht – ein Moment, zugleich nah als auch schwer fassbar, in der Schwebe zwischen dem alltäglichen Gefüge des Lebens und der Anziehungskraft einer unvorhersehbaren Zukunft. Die Atmosphäre von 2019 war durchzogen vom Summen des Gewöhnlichen: städtische Straßen voll pulsierender Rhythmen, Händedrücke, die flüchtige Allianzen besiegelten, Wolken, die sich mit beunruhigender Gleichgültigkeit formten. Doch unter diesem Summen lag etwas anderes – eine hektische, zerrissene Kultur, die unter der Last ihrer eigenen Entscheidungen und Bedauern schwankte, sowohl auferlegt als auch selbstverschuldet, aufgebläht durch ihren eigenen Konsum. Und jetzt, in der zurückgelassenen Stille, spürt man es vielleicht auch: das gehetzte Seufzen einer Welt, die nicht bereit war für die Stürme, die folgten.
Rückblickend ist 2019 der Schlussakt einer verblassenden Ära, die nun als Wendepunkt im Kreislauf der Zeit bekannt ist, jedoch noch zu frisch, um sie mit wissenschaftlicher Distanz zu analysieren. 2019 zeigt Werke, die entweder in diesem Jahr entstanden, von dessen Ereignissen geprägt oder von seinen prophetischen Unterströmungen durchzogen sind. Dies ist jedoch keine Nostalgie. Dies ist keine Geschichte. Dies ist 2019 – das Porträt eines Jahres, das aus den Fugen geriet und unvorbereitet auf das war, was danach kam. Ein Jahr am Rande seines eigenen Verständnisses.
Die Künstler*innen von 2019 sind: Alix Eynaudi, Alexandra Sukhareva, Ana Jotta & Pierre Leguillon, Ariana Reines, Bradley Kronz, Cathy Weiss & Fred Holland & Ishmael Houston-Jones, Elena Narbutaitė, Gintaras Didžiapetris, Henrik Olesen, Jason Dodge, John Menick, Julie Peeters, Koenraad Dedobbeleer, Malak Helmy, Morgan Quaintance, Pratchaya Phinthong, Rosalind Nashashibi und Simone Forti.
Am Eröffnungsabend von 2019 wird Ariana Reines 2019: an endurance aufführen, eine Erweiterung ihres Beitrags zur Ausstellung und zugleich die Einführung in eine bevorstehende Publikation des Grazer Kunstvereins. Weitere öffentliche Programmpunkte werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.
2019 markiert auch die Veröffentlichung von Suzon: Selected Writings von Raimundas Malašauskas. Die Publikation kombiniert einen Nachdruck von Malašauskas’ vergriffener Ausgabe von Paper Exhibition (2012) mit einer neuen Sammlung von Texten, die seither entstanden sind. Das Buch wird von Tom Engels, Yana Foqué und Krist Gruijthuijsen herausgegeben, von Goda Budvytytė gestaltet und von KW Institute for Contemporary Art (Berlin), Kunstverein Publishing (Amsterdam), Grazer Kunstverein (Graz), Baltic Arts Magazine (Vilnius) und dem Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König (Köln) veröffentlicht. Suzon kann hier erworben werden.
Die von Tom Engels und Raimundas Malašauskas kuratierte Ausstellung 2019 folgt auf ihre vorherige Zusammenarbeit Circa 2022, eine Ausstellung, die per Post von Montos Tattoo in Vilnius verschickt wurde.
The Weight of the Concrete erforscht das Vermächtnis des Turiner Künstlers und Verlegers Ezio Gribaudo (1929–2022) und beleuchtet sein vielschichtiges Werk an der Schnittstelle von Bild und Sprache. Diese Publikation, benannt nach Il Peso del Concreto (1968) – ein wegweisendes Werk, das Gribaudos frühe grafische Schöpfungen neben einer Anthologie konkreter Poesie, herausgegeben von dem Dichter Adriano Spatola (1941–88), präsentiert – bringt Gribaudos Werk in Dialog mit etwa vierzig Künstler*innen und Dichter*innen verschiedener Generationen, die sich ebenfalls mit der Erforschung von Text, Form und visueller Ausdruckskraft beschäftigen.
Entsprechend der redaktionellen Prämisse von Il Peso del Concreto wird diese einflussreiche Anthologie in The Weight of the Concrete neu betrachtet. Die Publikation enthält Archivmaterial, das ihre Entstehung dokumentiert, und stellt eine Neuinterpretation dar, in der Gribaudos grafische Arbeiten mit einer neuen Auswahl an historischer und zeitgenössischer konkreter und experimenteller Poesie kombiniert werden.
Im Zentrum des Bandes steht Gribaudos emblematische Logogrifi-Serie, die er ab den 1960er Jahren entwickelte. Die Logogrifi offenbaren seine tiefe Auseinandersetzung mit der Kunst des Buchmachens und seine Faszination für industrielle Druckprozesse, Reliefmatrizen, Schriftarten und Sprachspiele. Verwurzelt in linguistischen oder visuellen Rätseln, funktionieren die Logogrifi als visuelle und sprachliche Puzzles, ähnlich wie Logogriphen, in denen kryptische Verse ein verborgenes Schlüsselwort andeuten und Hinweise auf andere Wörter geben, die sich aus dessen Buchstaben ableiten.
In dieser neuen Ausgabe nehmen die Herausgeber*innen die Gelegenheit wahr, Gribaudos bahnbrechendes Werk zu überdenken, indem sie bisher übersehene Dimensionen – geschlechtliche, geografische und technologische – untersuchen und zeitgenössische Assoziationen über den ursprünglichen Kontext hinaus erforschen. Das Buch enthält zudem Essays, die das poetische und politische Zusammenspiel von Bild, Sprache und Materialität aufzeigen.
Diese Publikation erscheint nach der Ausstellung Ezio Gribaudo – The Weight of the Concrete im Grazer Kunstverein in Graz, Österreich (2023–24), und im Museion – Museum of Modern and Contemporary Art in Bozen, Italien (2024).
Herausgegeben von Tom Engels und Lilou Vidal
Veröffentlicht von Axis Axis und Grazer Kunstverein
Beiträge von Anni Albers, Mirella Bentivoglio, Tomaso Binga, Irma Blank, Al Cartio, Paula Claire, CAConrad, Natalie Czech, Betty Danon, Constance DeJong, Mirtha Dermisache, Johanna Drucker, Bryana Fritz, Ilse Garnier, Liliane Giraudon, Susan Howe, Alison Knowles, Katalin Ladik, Liliane Lijn, Hanne Lippard, Sara Magenheimer, Françoise Mairey, Nadia Marcus, Giulia Niccolai, Alice Notley, Ewa Partum, sadé powell, N. H. Pritchard, Cia Rinne, Neide Dias de Sá, Giovanna Sandri, Mary Ellen Solt, Alice Theobald, Colleen Thibaudeau, Patrizia Vicinelli, Pascal Vonlanthen, Hannah Weiner und Ruth Wolf-Rehfeldt
Essays von Alex Balgiu, Tom Engels, Nadia Marcus, Luca Lo Pinto, Mónica de la Torre und Lilou Vidal
22 x 32 cm
208 Seiten (ENG-IT)
Erstausgabe
800 Exemplare
Anhang:
22 x 32 cm
48 Seiten (ENG-IT)
800 Exemplare
Preis: 36,- Euro, 30,- für Mitglieder